Musik ist weit mehr als akustische Stimulation – sie ist ein kognitiver, emotionaler und neurobiologischer Ausnahmezustand. Der Vortrag „Wie Musik das Gehirn beeinflusst“ beleuchtet zentrale Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Musikforschung und zeigt auf, wie Musik auf tiefgreifende Weise mit den Strukturen und Funktionen des menschlichen Gehirns verwoben ist.
Ausgangspunkt ist das Besondere am menschlichen Gehirn selbst – seine Fähigkeit zu Selbstbeobachtung, reflexivem Denken und zur Ausbildung rekursiver Strukturen. Letztere bilden nicht nur die Grundlage komplexen Denkens, sondern auch die Basis musikalischer Formen und des Musikmachens. Musik entsteht nicht zufällig, sondern ist eng mit den Denkgesetzen des Gehirns verbunden.
Musizierende Menschen liefern besonders eindrucksvolle Beispiele für neuronale Plastizität. An ihrem Gehirn lassen sich strukturelle und funktionelle Anpassungen nachweisen, die durch langjährige Übung entstehen. Musiker sind daher ideale Modelle, um zu verstehen, wie Erfahrungen das Gehirn verändern. Neben der Frage, wie Musik im Gehirn verarbeitet wird – von auditorischen Arealen bis hin zu Belohnungs-, Motorik- und Emotionsnetzwerken – wird auch das Konzept des „Gehirn-Entrainment“ diskutiert: Musik aktiviert Hirnregionen, die über reine Klangverarbeitung hinausgehen und tief mit unserer Motivation, Vorhersagefreude und Gefühlsregulation verbunden sind.
Der Vortrag thematisiert darüber hinaus die Rolle individueller Unterschiede: Aufmerksamkeit, Persönlichkeitsmerkmale und musikalische Vorerfahrungen prägen, wie Musik wahrgenommen wird – und welche neuronalen Muster dabei entstehen. Spezialphänomene wie das absolute Gehör oder Synästhesie, bei der Töne etwa als Farben oder Geschmacksempfindungen erlebt werden, eröffnen weitere faszinierende Einblicke in die Vielfalt musikalischer Hirnverarbeitung.
Abschließend wird der außergewöhnliche Fall des Pianisten Chris Seed vorgestellt, der auf einem reversed Piano – mit umgekehrter Tastenbelegung – spielt. Sein Beispiel steht exemplarisch für die erstaunliche Anpassungsfähigkeit und kreative Potenz des menschlichen Gehirns im Kontext musikalischer Praxis.
Vortrag Prof. Dr. Lutz Jäncke
Neurowissenschaftler und Psychologe
Live-Musik
Studierende der HfM Karlsruhe
Idee und Konzept Prof. Dr. Marc Bangert
Am Schloss Gottesaue 7 · 76131 Karlsruhe
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Eintritt frei.