Martin Smolka • Komposition

KARLSRUHER MEISTERKLASSEN 3.–4. Juli 2025
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Martin Smolka
Martin Smolka

Der 1959 in Prag geborene Martin Smolka trat Anfang der 1980er Jahre in die Musikwelt ein, als er zusammen mit Miroslav Pudlák (dem sich später Petr Kofroň anschloss) das Ensemble Agon gründete, das in den späten 80er und frühen 90er Jahren der bedeutendste Vermittler der internationalen musikalischen Avantgarde in der tschechischen Szene war, die damals von der offiziell geförderten einheimischen Pseudomoderne dominiert wurde. Schon zu Beginn seiner kompositorischen Laufbahn sind Smolkas Einflüsse des Post-Webernismus, des Minimalismus, der amerikanischen experimentellen Musik und der Polnischen Schule zu erkennen.

In den frühen 90er Jahren interessierte sich Smolka für bizarre Instrumentaltechniken und Klangquellen (tief gestimmte Saiten, alte Grammophone, verschiedene Gegenstände als Schlagzeug usw.). Smolka nutzte sie, um die in der Natur und in der Stadt beobachteten Klänge zu stilisieren. Einige seiner Kompositionen aus dieser Zeit bezeichnet er als "Klangfotografien" (z. B. ist L'Orch pour l'Orch von 1990 teilweise ein "Porträt" der nächtlichen Geräusche auf einem Rangierbahnhof). Smolka wählte reale Klänge nach ihrer Ausdrucksstärke aus und stilisierte sie, um ein bestimmtes emotionales klangliches Ergebnis zu erzielen (eloquent ist zum Beispiel der Titel eines von Smolkas stärksten Stücken: Regen, ein Fenster, Dächer, Schornsteine, Tauben und so weiter... und auch Eisenbahnbrücken).

Metaphorisch gesprochen oszilliert Smolkas Musik um zwei Pole: 1) Knackige, beschwingte Fröhlichkeit, Musik eines humpelnden Orchestrions, symptomatische Zivilisationsklänge, eine vorzugsweise verstimmte Volks- oder Blaskapelle; 2) Melancholische Erinnerungen, schmerzende Sehnsucht, das nostalgische Echo der Klänge von Punkt 1. Damit korrespondiert die übliche Strukturierungsstrategie von Smolkas Kompositionen: Sie bilden fast ausnahmslos Aneinanderreihungen von innerlich homogenen und scharf kontrastierenden Formsegmenten, die in ihrer Gegensätzlichkeit (langsam - schnell, fröhlich - traurig, stürmisch - sanft usw.) eigentlich den "Sonaten"-Kategorien entsprechen: Hauptthema - Seitenthema. Smolka arbeitet jedoch häufig mit schroffen, filmischen Schnitten, Evolutionismus wird unterdrückt, Nahtstellen zugelassen, dynamische und texturelle Unterschiede in den Vordergrund gestellt, wobei Wiederholung das Grundprinzip ist.

Der wesentlich emotionale Tonfall von Smolkas Kompositionen hängt auch mit der Anwendung von Mikrointervallen zusammen, die dem Komponisten einerseits dazu dienen, reale Klänge zu evozieren, andererseits traditionelle harmonische und melodische Formationen zu "verstimmen" - die Motivation für diese grundsätzlich subversive Inbesitznahme des ererbten Materials ist die weitere Verstärkung oder Wiedererweckung seines emotionalen Potenzials (z.B. Solitudo für Ensemble). In den späten 90er Jahren richtete Smolka seine Aufmerksamkeit auf eben dieses "Recycling" von Elementen traditioneller Musik, die in Mikrointervallen deformiert und collageartig arrangiert wurden (Remix, Redream, Reflight für Orchester oder Blue Bells oder Bell Blues für Orchester, ausgezeichnet von der Stiftung Prince Pierre de Monaco). Darüber hinaus hat sich Smolka in den letzten zehn Jahren intensiv mit Vokalmusik beschäftigt, insbesondere mit Chormusik (Poema de balcones für Chor, Psalmus 114 für Chor und Orchester usw.).

Die Musik von Martin Smolka wurde vor allem außerhalb der Tschechischen Republik, seinem Heimatland, aufgeführt. Zu den Auftraggebern von Smolkas Kompositionen gehören die renommiertesten europäischen Ensembles und Festivals. In Prag ist er vor allem durch seine Oper Nagano bekannt, für die er mit dem Alfréd-Radok-Preis ausgezeichnet wurde. Seit 2003 unterrichtet er Komposition an der Janáček-Akademie für Musik und darstellende Kunst in Brünn. Gelegentlich schreibt er Filmmusiken. Martin Smolka studierte Komposition an der Musikfakultät der Akademie der musischen Künste in Prag, von entscheidender Bedeutung für ihn war aber auch der Privatunterricht bei Marek Kopelent.  martinsmolka.com

Veranstaltungsart: Karlsruher Meisterklassen · Karlsruhe Masterclasses
Fr, 4. Juli · 10:00
Kavaliershaus 10 Raum 208

Die Karlsruher Meisterklassen sind in der Regel nicht öffentlich. Interessierte Gäste können im Rahmen verfügbarer Plätze dennoch daran teilnehmen (nur passiv), wenn sie sich rechtzeitig vorher per mail anmelden